Biwak 1895

Der Todesmarsch des Höllenfähnrichs

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Allgemeines zum Projekt:

Die HDG Infanterieregiment Nr.30 Graf Werder führte nun zum vierten Mal als Versuch ein historisch stimmiges Biwak durch, bei dem sämtliche Kompromisse an die heutige Zeit vermieden wurden. In korrekt gepacktem feldmarschmässigen Anzug wurde im Zeitraum vom 01. - 04.05.2014 über eine Gesamtstrecke von ca. 50 km von Biwakplatz zu Biwakplatz marschiert, die Verpflegung auf dem Marsch und im Biwak selbst war gemäss damaligen Vorgaben, lediglich einige privat beschaffte Utensilien wie Kaffeemühlen, Spielkarten, Tabakwaren, Branntwein, Käse wurden zusätzlich mitgeführt. Ein Experiment, das so unseres Wissens nach außerhalb unserer Gruppe bisher nicht durchgeführt wurde.

Dieses Mal hat sich aber einiges im Vergleich zu den letzten Jahren geändert. Erstens wurde der Zeitraum von 2 auf 4 Tage und 3 Biwaknächte ausgedehnt und wir wurden die komplette Zeit von einem "eingebetteten" Kameramann des SR begleitet. Des Weiteren haben wir zum ersten Mal eines unserer Biwaklager in der Öffentlichkeit aufgeschlagen und für Besucher geöffnet.

Ebenso war angedacht während der Projektzeit an passenden Stellen Ausbildungsinhalte einzuflechten.

 

Die Teilnehmer:

Der Trupp bestand dieses Mal aus:

Fähnrich Becker,Gefreiter Peter,Gefreiter Schwender,Musketier Tessmann,Musketier Ludwicki,Musketier Klein,Musketier Hillinger,Spielmann Esser,Lazarettgehilfenschüler Waszniewski und SR- Cinematograph Jung

 

Der Auftrag:

Die Marschbefehle des Regimentskommandeurs knapp zusammengefasst:

Durchführung einer 4 tägigen Patrouille in den Gemarkungen Nohfelden und Wolfersweiler. Herstellung guter Beziehung zur Nohfelder Bevölkerung durch Öffnung eines Biwaks für Zivilisten. Ausbildung der Truppe im Felde.

Die Durchführung:

Erster Tag


Nachdem die Marschbereitschaft hergestellt und die Verpflegung für die nächsten 2 Tage ausgegeben worden war, begab sich die 1. Korporalschaft unter Führung durch Fähnrich Becker auf eine Patrouille in der Gemarkung Buchwald.

Gegen Mittag erreichte der Trupp befehlsgemäß den Biwakplatz am Oldenburger Amtshaus in Nohfelden um dort ein Marschbiwak zu errichten und die guten Beziehungen zur Nohfelder Bevölkerung zu pflegen. Dort wurden uns auch frische Verpflegung und trockenes Stroh von der Dorfbevölkerung gebracht.


Auch die Feldpost lag schon vor Ort im Postamt bereit, so das so mancher sich auf Nachricht oder Päckchen von zu Hause freuen konnte.


Kaum war das Marschbiwak errichtet öffnete der Himmel die Schleusen und ein schweres Gewitter mit Starkregen verwandelte alles in Schlamm.

Die Korporalschaft, incl. des dazu gestoßenen Postens ( Musketier Ludwicki), der uns bereits am Biwakplatz erwartet hatte, zog sich eilends unter die Zeltplanen zurück und versuchte möglichst trocken zu bleiben. Es schüttete so sehr das die Feuergrube unter eine Zeltbahn verlagert werden musste um überhaupt Kaffee und eine warme Mahlzeit kochen zu können.

Im Endergebnis lag der ganze Trupp in nasser Kleidung und in nasse Mäntel gehüllt eng nebeneinander auf dem nassen Stroh und wärmte sich mit heißem Kaffee. Fähnrich Becker nutzte die Zeit um mit Hilfe des Reglements die theoretische Ausbildung der Musketiere zu vertiefen. Nachdem auch ein heißer Eintopf die Soldaten von innen gewärmt hatte begab sich der Trupp, kaum war der Zapfenstreich geblasen, zu Bett und versuchte in der nassen Ausrüstung zu schlafen. Diese wärmte trotz der Nässe erstaunlich gut und bald fielen alle in einen recht erholsamen Schlaf.

Zweiter Tag


6:00 Uhr wurde durch Spielmann Esser geweckt und angetreten. Nach einem Frühstück aus Kaffee, Dosenwurst und Kommissbrot wurde der Posten am Ortsrand ( Gefr. Schwender) eingezogen und die Marschbereitschaft hergestellt. Dies gestaltete sich aufgrund der nassen Mäntel und Planen nicht einfach und nachdem die Tornister gepackt waren stellten wir fest das diese mindestens 4 Kg schwerer waren.

Punkt 8:00 Uhr übernahm Fähnrich Becker die Truppe vom Gefreiten Peter und lies in Richtung Rosenwald abmarschieren.

Tagesziel war ein Biwakplatz außerhalb des Ortes Wolfersweiler. Schon bald merkte der Trupp das der Fähnrich für diesen Tag einen harten Marsch durch unwegsames und steiles Gelände vorhatte.

Die Route führte über schmale Pfade hoch bis zu einer Hütte oberhalb des Bahnhofes von Neubrücke. Dort lies der Fähnrich erst mal ablegen und es mussten noch Feldreparaturen an der Ausrüstung, die aufgrund des zusätzlichen Gewichts gelitten hatte, vorgenommen werden.

Von dort an ging es noch mehrere Stunden über Höhenzüge und Schluchten weiter bis der Trupp völlig zerschunden und erschöpft am Biwakplatz bei Wolfersweiler ankam.

Dort lies der Fähnrich den Trupp erst mal 30 min ausruhen bevor das Biwak aufgeschlagen wurde.

Im Laufe des Abends stieß der Musketier Klein mit neuer Verpflegung zu uns. Nach dem Abkochen und dem Zapfenstreich legte sich der Trupp eng im eisig pfeifenden Wind ins Planenzelt und versuchte wenigstens ein wenig zu schlafen.

Dritter Tag


6:00 ließ Fähnrich Becker durch Spielmann Esser wecken und die müden und durchgefrorenen Soldaten machten sich nach dem Antreten schnell ans Anfachen des Feuers und ans Abkochen von Kaffee.
Aufgrund der vielen Verletzungen stieß an diesem Morgen der Lazarettgehilfenschüler Waszniewski in Begleitung des Musketiers Hillingers zu der Truppe.
Der Gefreite Schwender musste nach diesem Höllenmarsch das Lazarett aufsuchen und fiel für den Rest des Biwaks aus. Ansonsten gab es in der Truppe jede Menge Blasen und aufgescheuerten Stellen am ganzen Körper die versorgt werden mussten.
Nachdem alle versorgt waren lies Fähnrich Becker Marschbereitschaft herstellen und in Richtung des Ortes Wolfersweiler abrücken.


Erstaunlich ausgeruht und zügig marschierte der Trupp im Reisemarsch an den Ortsrand um dann unter Gesang durch den Ort vorzurücken. Zur Abwechslung im schönsten Sonnenschein lies der Fähnrich zügig Richtung Nohfelden vorrücken.

Unterwegs wurden von ihm noch mehrere Ausbildungsabschnitte eingebaut. So wurde z.B. das Sichern der Marschroute durch Avantgarde und Arriergarde, die Möglichkeiten des Bachübergangs mit Mitteln der Infanterie geübt und die Ausbildung der Musketiere Hillinger und Klein vertieft.

Gegen 14:00 Uhr kam der Trupp am letzten Biwakplatz an und begann mit der Errichtung des Biwaks incl. der Kochgräben und der Latrine.

Gegen 16:00 uhr übergab Fähnrich Becker nach dem Abkochen das Kommando an den Gefreiten Peter und begab sich in Begleitung von Lazarettgehilfenschüler Waszniewski und Musketier Ludwiki zum Manöverstab zum Rapport.

Der weitere Nachmittag und Abend verlief verhältnismässig ruhig und nach Blasen des Zapfenstreiches begaben sich die Soldaten bei sternenklarem Himmel und -3 Grad ins Zelt um trotz der eisigen Temperaturen ein wenig Schlaf zu finden. Durchgefroren sammelten sich alle nachts um 3 um das angefachte Feuer um sich noch mal aufzuwärmen. Anschliessend begaben sich alle wieder zur Ruhe und versuchen noch enger zusammenzurücken um die Körperwärme der Zeltnachbarn effektiver auszunutzen.

Vierter Tag:


Unter Jubel der Musketiere, die einfach nur froh waren das diese eiskalte Nacht vorbei war, lies der Gefreite die Truppe um 5:30 durch Spielmann Esser wecken und antreten. Nach einem kurzen Frühstück wurde Marschbereitschaft hergestellt und unter Gesang in den Ort abgerückt.

Unser Fazit:


Was nehmen wir aus dem diesjährigen Biwak für uns an Erkenntnissen mit nach Hause?

  • Uniform und Mantel halten auch nass recht warm
  • Wenn nachts der Wind pfeift hilft nur noch die Körperwärme der anderen
  • Wahnsinn, wie sehr sich die Truppe im Feld auch über die kleinste Kleinigkeit, wie eine Tafel Schokolade, freut und wie selbstverständlich dies dann mit allen geteilt wird.
  • Die Armee funktioniert definitiv nicht ohne Kaffee
  • Wir hassen "landschaftlich schöne" Strecken und "leichte" Steigungen/Gefälle die dem Fähnrich von wohlmeinenden Ortskundigen empfohlen werden.
  • Nasse Mäntel und Planen erhöhen das Gewicht der Tornister um ca. 4-5 Kg.
  • Koppelzeug in Verbindung mit nasser Kleidung scheuert recht schnell die Haut wund
  • Hunger und Erschöpfung sind der beste Koch. ( siehe: Leberwurstbrühe mit Reis und Zwieback)
  • Nähzeug ist essentiell wichtig und sollte unbedingt durch eine Lederahle und gewachstes Garn ergänzt werden.


Wir werden diese Biwak auf jeden Fall weiterhin fest in unserem Jahresprogramm einplanen und bemühen uns jedes Jahr besser zu werden und die gewonnenen Erfahrungen einzubringen. Außerdem würden wir uns freuen, wenn es mehr Veranstaltungen dieser Art gäbe.

Dank

Besonders möchten wir dieses Jahr unserem Gruppenmitglied Gertraud Peter für die hervorragende und schwierige Biwak - Logistik ( Wasser usw.) danken. Des Weiteren möchten wir uns bei Wolfram Jung bedanken, unserem eingebetteten Kameramann, der es sich nicht nehmen lies auch mit Marschgepäck an den Märschen teilzunehmen und auch bei uns zu übernachten. Die Marschleistung war überragend und er war permanent bis zum körperlichen Zusammenbruch um uns herum um zu filmen.

Dokumentation des SR : Link

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