Biwak 1895 - Ein Experiment
Allgemeines zum Projekt: Die HDG Infanterieregiment Nr.30 Graf Werder führte erstmalig als Versuch ein historisch stimmiges Biwak durch, bei dem sämtliche Kompromisse an die heutige Zeit vermieden wurden. In korrekt gepacktem feldmarschmässigen Anzug wurde zum Biwakplatz marschiert, die Verpflegung auf dem Marsch und im Biwak selbst war gemäss damaligen Vorgaben, lediglich einige privat beschaffte Utensilien wie Kaffeemühlen, Spielkarten, Rauchwaren, Branntwein und Käse wurden zusätzlich mitgeführt. Ein Experiment, das so unseres Wissens nach für die Kaiserzeit noch nicht durchgeführt wurde ! Der Auftrag: Ziel des Trupps, bestehend aus 1 Fähnrich, 4 Soldaten und 1 Sanitäter des IR30, war die Aufklärung eines Waldgebietes in der Nähe der Eisenbahnstrecke Frankfurt frz. Grenze, in dem laut Manöverszenario feindliche Aufklärer vermutet wurden. Dazu sollten der Trupp tagsüber neuralgische Punkte des Gebietes anhand eines vom Manöverstab ausgegebenen und entsprechend markierten Geländeplanes überprüfen. An einem festgelegtem Platz, oberhalb eines Tales mit weiter Sicht, sollte dann abends ein Marschlager errichtet und etwaige Truppenbewegungen beobachtet werden. Am nächsten Morgen Rückmarsch und Meldung.
Samstag gegen Mittag machte sich
der Trupp marschfertig. Es wurde Material und Verpflegung für 1
Tag ausgegeben. Die Verpflegung bestand aus 1 Fleischkonserve a 400g,
200g Militärzwieback, 200g Kommissbrot, 40g Kaffeebohnen, 20g Salz
und 50g Reis. Des Weiteren führte jeder Soldat eine volle Feldflasche
mit ca. 1l Wasser mit. Abmarsch war am zeitgenössischen Bahnhof
von Türkismühle, der kurz nach dem dt.- frz. Krieg gebaut
wurde. | |||
Sobald man sich dem besagten, zu untersuchenden Gebieten näherte, wurde vom Fähnrich der Wechsel von "Reisemarsch" zu "Kriegsmarsch" befohlen. Unter absoluter Ruhe wurde Vorhut und Nachhut eingeteilt, sowie das Seitengewehr aufgepflanzt. Normalerweise wäre da auch noch das Gewehr 88 mit 5 Schuss zu laden und zu sichern gewesen. Darauf wurde aber aufgrund des öffentlichen Geländes verzichtet. An den zu kontrollierenden Punkten
wurde eine Schützenlinie gebildet und der Wald nach versteckten
Spähern durchkämmt. Bei keinem der Punkte traf man dann letztendlich
auf die erwarteten Aufklärer oder Patrouillien. | |||
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Wobei einmal aufgrund von verdächtigen Geräuschen aus dem Kontrollgebiet eine abgekniete Verteidigungslinie an einem Bach gebildet wurde. | |||
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Da es sich aber offensichtlich um Wild handelte, wurde das Gebiet anschließend sicherheitshalber noch einmal durchkämmt und der Marsch zum angedachten Biwakplatz fortgesetzt. v Dort angekommen wurden die Gewehre zu den vorgeschriebenen Gewehrpyramiden zusammengestellt, Marschgepäck, Koppelzeug und Pickelhaube abgelegt und die Krätzchen aus dem Tornister geholt. v v Nach 10 min Pause und Wasser fassen, wurde dass Lager gemäß der Vorschrift angelegt. Dies
bedeutet, dass hinter den Gewehrpyramiden die Planenzelte aufgeschlagen, dahinter
eine oder mehrere Kochgräben ausgehoben und schliesslich weiter weg die Latrinengräben
ausgehoben wurde, während ein Posten am Waldrand das Tal überwachte.
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Bereits nach kurzer Zeit prasselte
ein kleines raucharmes Feuer im Kochgraben und die Zelte standen für
die Nacht. Als Zugeständnis an die Nachttemperaturen um 5°c
wurden noch Blätter und Reisig gesammelt um die Planenzelte von
unten zu isolieren. Man machte sich auch gleich daran, aus dem mitgebrachten
Proviant und unterwegs gefundenen wilden Lauchzwiebeln,
im Kochgeschirr einen Eintopf aus Reis, Zwieback, Dosenfleisch, Salz
und Wasser zuzubereiten. v v Auch ein Essgeschirr mit teerig blubberndem Kaffee aus den frisch gemahlenen mitgeführten Kaffeerationen stand schnell duftend auf der Glut. Nachdem endgültig klar war, dass keinerlei Feindkräfte in der Umgebung waren, wurde durch unseren Fähnrich die Wache nach Sonnenuntergang eingezogen und den Mannschaften dienstfrei gegeben. Alle sammelten sich um den Kochgraben und ließen den Tag bei Kaffee (mit Schuß*g*) und der ein oder anderen Rauchware Revue passieren, bis alle todmüde in ihre Mäntel gehüllt im Laub unter den Planen mit dem Kopf auf der Tornisterklappe einschliefen. v v
v vv Dann wurde die Herstellung der Marschbereitschaft befohlen, das Lager abgeschlagen, die Gräben und Latrinen verfüllt, sowie die Tornister und das Koppelzeug vorschriftsmäßig gepackt.
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8 Uhr morgens rückten wir
von unserem Biwakplatz ab und marschierten nach Nohfelden, um dort das
Manöverszenario abzuschließen und um eine Nachbesprechung
abzuhalten. v | |||
Was
haben wir daraus gelernt? Offenbar nix, denn wir würden es jederzeit wieder
tun. :-) Eine Neuauflage des Events ist für das nächste Jahr vorgesehen, Interessenten können sich bereits melden. Unser Fazit:
Wir
sind in das harte Biwakleben eines preussischen Infanteristen des Jahres 1895
eingetaucht, wie es sonst kaum möglich ist! | |||
Wer jetzt noch nicht genug Bilder gesehen hat kann sich hier gerne noch ca 300 stk. anschauen: BILDER | |||